Lichthaus Arnsberg präsentiert die erste institutionelle Einzelausstellung von Andreas Greiner.
"Spring forward fall back" ist ein Ausdruck und Wortspiel aus dem Englischen, auf das sich der Künstler Andreas Greiner im Lichthaus Arnsberg bezieht. Zum blühenden Frühling entwickelt er ein Projekt gemeinsam mit den Pflanzen und Insekten rund um das Lichthaus. Frühlingsgefühle und Fortpflanzung sind nur einige der Aspekte der Ausstellung im Lichthaus, das Greiner für eine Woche bewohnen wird. Sein Bett kann das bislang von Menschen unbewohnte Lichthaus zwar nicht beleben, da es bereits von zahlreichen Insektenarten bewohnt wird. Vielmehr möchte er damit den Ureinwohnern die Bühne überlassen.
Andreas Greiner (*1979), Julian Charrière (*1987) und Julius von Bismarck (*1983) produzieren Arbeiten vor Ort, die im Lichthaus, im Kunstverein, sowie auf dem Neumarkt zu sehen sind. Die Verkettung der Positionen basiert auf gemeinsamen Interessen für Natur, Physik und Technik, die sie zu diversen prozessorientierten Werken und Experimenten anregen. Durch die zeitgleiche Präsentation der drei Künstler wird eine künstlerische Gattung sichtbar, die auf der Auseinandersetzung von Mensch und Natur beruht. Daraus entstehen Aktionen, Performances, Skulpturen und Erfindungen jeder Art, die mit Ideen und Humor ungewöhnliche Szenarien aufstellen.
Die Ausstellung im Lichthaus wird vom Kulturbüro der Stadt Arnsberg in Kooperation mit dem Kunstverein Arnsberg organisiert.
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Andreas Greiner. Spring forward fall back
von Ursula Ströbele
Für den Zeitraum von sieben Wochen vom 11. April – 8. Juni 2014 verwandelte Andreas Greiner das Lichthaus des Kunstvereins Arnsberg in ein biotopisches Laboratorium, bestehend aus blättertreibenden und knospensprießenden Pflanzen, einzelnen Möbelstücken und diversen Insekten. Zusammen mit diesen „Co-Autoren“, wie er sie bezeichnet, bewohnte er im Frühling eine Woche lang den gläsernen Pavillon. "Spring forward fall back", so der Titel der Ausstellung, ist eine englische Redewendung, die sich auf die saisonal bedingte, zweimal pro Jahr stattfindende Zeitumstellung bezieht. Der zyklische Ablauf jeglicher Form von Leben kommt hier ebenso zum Ausdruck wie Greiners Versuch, ein organisches Interieur zu schaffen, das dem Betrachter seine eigene Rhythmik demonstriert. Aus den am Anfang eingesetzten Raupen und Larven schlüpften Schmetterlinge und Fliegen, „das Emblem des Ephemeren“ schlechthin; gleichfalls nahm krabbelndes und fliegendes Getier der nahen Umgebung den zum künstlerischen Artefakt mutierten, begehbaren Raum nach und nach in Beschlag.
Charakteristisch für die Arbeiten des in Berlin lebenden Künstlers und Meisterschülers Olafur Eliassons ist sein Interesse an naturwissenschaftlich-biologischen Phänomenen, Organismen, wie bioluminiszenten Bakterien und Algen, die mittels Photosynthese in der Dunkelheit bei Bewegung aufleuchten. Vergleichbar einem wissenschaftlichen Labor schafft Greiner die entscheidenden Voraussetzungen für das jeweilige Setting und überlässt es dann dem – nur partiell auto-generativen – Werk, von sich aus zu „handeln“. Dabei ist zu erahnen, welch komplexes Hintergrundwissen und jahrelange „Feldforschung“ für dessen Realisierung notwendig sind – der Künstler agiert als den Geheimnissen des Lebens nachspürender Gärtner und Entomologe. Mit dieser deutlichen Abkehr vom statuarischen Objekt zugunsten von unzähligen, sich prozessual verändernden living sculptures stellt Greiner, der ursprünglich ein Bildhauerstudium in Florenz absolviert hat, die klassische Vorstellung von Skulptur, aber auch des autonomen, singulären Urhebers in Frage und regt zu einer tiefergehenden Reflexion unseres Verständnisses von Natur zwischen scheinbar unberührter Wildnis und domestizierter Landschaft an.